Auf des Bruders Spuren

24.11.2004

Amriswiler Roman Handschin erlebt schnellen Aufstieg zu rasanten Abfahrten

bob. Im vergangenen Sommer erst begann der Amriswiler Roman Handschin mit dem Bobtraining. Mittlerweile fährt er mit dem Schlitten von Ivo Rüegg bereits Weltcuprennen. Und er hat grosse Ziele.

Rudolf Käser

Jahrelang war es der grosse Bruder Thomas Handschin, welcher auf allen Bobstrecken der Welt als Beisitzer mit die Kurven zog. Auf dessen Spuren flitzt nun der jüngere Roman die Bobruns hinunter. Der 22-Jährige meldete sich im Frühjahr zu einem Lehrgang und wurde sogleich verpflichtet.

Zehnkampf stockte

Natürlich ist Roman Handschin nicht das Vorbild-Beispiel für diejenigen, welche möglichst rasch in einen Weltcup-Bob sitzen möchten. Denn von ungefähr kam es nicht, dass Bobpilot Ivo Rüegg auf den Amriswiler aufmerksam wurde. Einerseits war der Werkzeugmacher als Leichtathletik-Zehnkämpfer bereits ein vielseitiger Sportler. Zudem besitzt er mit einer Körpergrösse von 186 cm und 93 kg Gewicht für einen Bob-Beifahrer beinahe Gardemasse. Mit 22 Jahren wäre eigentlich der Zenit für den Leichtathletik-Zehnkampf noch lange nicht erreicht. Doch Roman Handschin erkannte die Zeichen der Zeit. «Es lief mir im Zehnkampf einfach nicht mehr so, wie ich mir das vorstellte», erzählt er. So erinnerte er sich an Bruder Thomas, der ebenfalls Leichtathlet war und dann erfolgreicher Bobrennfahrer wurde. «Ich wollte etwas anderes tun. Deshalb meldete ich mich zu einem Schnupperlehrgang beim Bobclub Zürichsee.» Und siehe da, die Qualitäten des Amriswilers wurden sofort entdeckt und umgesetzt. Seit Juli fährt er pro Woche zweimal an den Zürichsee zu Trainings. «Daneben trainiere ich, je nach Saison- und Wettkampfzeit, noch mindestens drei Mal pro Woche in Amriswil.» 

WM nächstes Ziel

Mit Ivo Rüegg fährt der Amriswiler nun im Vierer auf der dritten Position und vorderhand auch im Zweier Weltcuprennen. Allein dies schon bedeutet für ihn ein grosser sportlicher Erfolg, musste er für die Erreichung dieses Ziels doch durch die harten Qualifikationsmühlen des Schweizer Verbandes. Der Wille Rüeggs und das Talent Handschins halfen mit, dass das Zürcher-Amriswiler-Team vorderhand an Weltcuprennen für die Schweiz starten darf. Nicht nur Ivo Rüegg ist ehrgeizig, auch der Amriswiler. «Zuerst wollen wir in den am Samstag in Winterberg im deutschen Sauerland beginnenden Weltcuprennen gut abschneiden.» Der Saisonstart sei eine wichtige Standortbestimmung und vor allem auch bei guten Rennen eine Empfehlung gegenüber dem Verband. Denn Handschins Bobteam denkt bereits weiter. «Mitte Februar findet in Calgary die WM statt. Wir wollen in unserem Team alles daran setzen, dass wir uns für dieses Grossereignis qualifizieren können.»

Dietrich ist der Beste

Während sich Roman Handschin den Schliff für die Rennen mit seinem Team holt, tankt er die Kraft in Amriswil, genauer gesagt, beim TV Amriswil. «Da trainiere ich zwei Mal pro Woche unter der Anleitung von Werner Dietrich.» Schon sein Bruder Thomas durfte mit Erfolg auf die Dienste des Amriswiler Leichtathletik-Lehrers zählen. Roman ist von ihm ebenfalls begeistert. «Werner Dietrich ist einfach der beste, den ich mir vorstellen kann.» Wann immer es erforderlich ist, holt sich Roman Handschin Ratschläge von seinem Bruder Thomas. Dieser kann aus achtjähriger Erfahrung als Spitzen-Bobfahrer aus dem Vollen schöpfen. «Er hat mich auch bei der Wahl des Teams beraten, denn sowohl Ralph wie Ivo Rüegg unterbreiteten mir ein Angebot. Auch bei Problemen kann mir Thomas aufzeigen, auf was ich achten muss.» Roman Handschin weiss, dass sein Team, aber auch er selbst, noch einiges an Potenzial hervorholen können. «Wir haben sicher noch bei den Startzeiten Verbesserungsmöglichkeiten.» Steigerungen sind auch notwendig, denn es warten, wie Handschin feststellt, einige hungrige, junge Teams, welche auf Weltcup-Einsätze brennen.


WÖRTLICH


Es geht wunderbar

Ich erhalte von Ivo Rüeggs Firma finanziell gewisse Unterstützungen. Und bei den Auslandstarts kommt für Verpflegung und Unterkunft der Verband auf. So habe ich kaum Kosten zu bestreiten, zumal auch das Auto zu Hause steht. Es stimmt für mich so wunderbar. Am Bobsport gefällt mir das Sportlerleben und die Professionalität. Aber vor allem fasziniert mich die Möglichkeit, in einem engen Bob ohne Sitze zu sitzen, dabei die Kräfte zu spüren, die auf einem einwirken. Noch denke ich nicht daran, einmal als Steuermann einen Bob zu lenken. Zuerst muss ich erst einmal als Beisitzer lernen, richtig Bob zu fahren. (kä.)

Roman Handschin Bobfahrer aus Amriswil


Aus dem Tagblatt vom 24.11.2004
© Tagblatt