Olympische Sommerspiele - Barcelona 1992

Die XXV. Olympischen Spiele in Barcelona

Vom 25. Juli bis zum 9. August 1992 fanden in Barcelona die XXV. Olympischen Sommerspiele statt. Diese liessen die Stadt infrastrukturell auf die anderen spanischen Regionen einen Rückstand von 20 bis 25 Jahren gutmachen, Barcelona erhielt sogar einen Vorsprung von rund 15 Jahren. Die Olympischen Spiele bedeuteten also für die katalanische Metropole einen Zeitsprung von 40 Jahren, den sie zwischen Oktober 1986, als die Olympiavergabe stattfand, und Juli 1992 vollzog. Barcelona wollte nicht nur die besten und schönsten Spiele veranstalten, es musste im spanischen Jubeljahr 1992 auch mit der Weltausstellungsstadt Sevilla und der Weltkulturhauptstadt Madrid mithalten können.

Im modernen Zentrum Barcelonas, dem Eixample-Quartier, welches auf dem Stadtplan wie ein riesiges Gitter aussieht, wurden besonders viele Häuser einer Schönheitskur unterzogen. Hier sind die kostbarsten Perlen des Modernismus im Jugendstil angesiedelt. Wohl das kurioseste Gebäude ist die von Gaudí erbaute Casa Milá, das im Volksmund "Steinbruch" genannt wird. Sowohl Gaudís Hauptwerk, die Sagrada Familia, und der von Lluis Domènech i Montaner erbaute "Palau de la Musica Catalena" mit seinen hängenden Kuppeln und Glasfenstern wurden für den grossen Anlass herausgeputzt.

Wie schon bei den Weltausstellungen 1888 und 1929 hat Barcelona die Olympischen Spiele für einen Infrastrukturschub genutzt. So wurde die Kapazität des Flughafens vervierfacht, die Grünzonen verdoppelt und diverse Hotels erbaut.

Parc de Mar - ein städtebaulicher Kraftakt

An städtebaulicher Kühnheit alles in den Schatten stellt die neben "Montjuïc", "Diagonal" und "Vall d'Hebron" vierte Olympiazone von Barcelona - der Parc de Mar. Seltsamerweise hatte sich die Hauptstadt Katalaniens zur Metropole mit fast 2 Millionen Einwohnern entwickelt, ohne dass dem Meer viel Beachtung geschenkt worden wäre, ausser in der Nutzung eines Grosshafens. Als Wohngegend war das Gebiet am Meer jedoch nie genutzt worden. So lag in Hafennähe im Stadtteil Poble Nou eine heruntergekommene Fabriklandschaft, der Küste entlang zog sich eine Eisenbahnlinie, von Badestränden keine Spur. Barcelona hat die Olympischen Spiele nun als Gelegenheit genutzt, dieses Manko zu beheben. In Poble Nou wohnten noch 145 Familien. Sie wurden umgesiedelt und die Stadtplaner trugen das Quartier mit einer Fläche von 74 Hektaren zu einer ebenen Fläche ab.

Mit Investitionen von drei Milliarden Franken entstanden hier über 2'000 Wohnungen. Sie beherbergten als "Vila Olímpica" - als olympisches Dorf - gegen 15'000 Sportler, Offizielle und Betreuer. Bereits vor den Spielen waren 60 % der Wohnungen verkauft und heute sind alle bewohnt.

Im Parc de Mar ist der Jachthafen. Hier wurden die Segelwettbewerbe ausgetragen, wobei erstmals in der Geschichte der Olympischen Spiele die Segelprüfungen am Hauptort stattfanden. Bereits hat sich hier auch die Segelschule Barcelona einquartiert und schon beretis vor den Spielen wurden alle 1'100 Anlegeplätze verkauft. Der Jachthafen ist durch riesige Geländeaufschüttungen dem Meer weggenommen worden. Mit ähnlichem Aufwand entstanden entlang der Küste fünf Kilometer neue Badestrände.

Effizientes Verkehrskonzept

Zum Parc de Mar gelangt man auf einer neuen vierspurigen Autobahn. Sie ist der südliche Ast eines 40 Kilometer langen, zum Teil unterirdisch geführten Autobahnringes, der die verschiedenen Sportstätten sowie das Olympische Dorf miteinander verbindet. So beträgt die Fahrzeit zwischen den vier Olympiazonen lediglich 20 Minuten. Um ein Verkehrschaos zu vermeiden, war der Montjuïc beispielsweise für Besucher nur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar: Drei Rolltreppenanlagen mit einer Kapazität von 27'000 Personen pro Stunde bringen die Besucher von der Stadt auf den Hügel. Hunderte von Autobussen wurden für die Verbindung zwischen den 44 Wettkampfstätten eingesetzt.

Gewisse Sportarten konnten nicht in Barcelona selber ausgetragen werden. Aber auch für diese teilweise grossen Distanzen wurden gute Verkehrsverbindungen geschaffen und öffentliche Verkehrsmittel eingesetzt.

Zahlen und Fakten

Dass die Olympischen Spiele in Barcelona zahlenmässig alles bisher Dagewesene übertrafen, muss wohl kaum erwähnt werden. Interessant ist jedoch, dass zusätzlich zu den 15'000 Hotelbetten in der oberen und mittleren Preisklasse etwa 20 neue Hotels erbaut wurden, die jedoch zu 80 % von den Sportlern, Betreuern, Trainern (15'000), Journalisten und Fotografen (4'500) sowie Radio- und Fernseh-Vertretern (6'000) und Schiedsrichtern (2'000) gebraucht wurden. Für Zuschauer standen vor allem Hotels in der näheren Umgebung zur Verfügung. Ausserdem wurden elf grosse Passagierschiffe als schwimmende Hotels im Hafen stationiert. So wurden zusätzliche 7'000 Betten in unmittelbarer Nähe zum Olympischen Dorf erstellt - gereicht hat es aber trotzdem nicht.

Die Wettkampfstätten

Wie bereits erwähnt liegen die meisten Wettkampfstätten sehr nahe beieinander.

  • Montjuïc: Das Herz der Olympischen Spiele von Barcelona befindet sich mit dem Olympiastadion auf diesem Berg. Das Olympiastadion wurde 1929 für die zweite Weltausstellung in Barcelona vom Architekten Pere Domènech i Roura erbaut. Im Hinblick auf die Spiele 1992 wurde das Innere völlig neu eingerichtet, die Fassade hingegen zur Erinnerung an den sportlichen und olympischen Geist von Generationen von Einwohnern beibehalten, die sich seit dem Beginn dieses Jahrhunderts für die Durchführung Olympischer Spiele in der katalanischen Metropole einsetzten. Im Olympiastadion fanden die Eröffnungs- sowie die Schlusszeremonie statt, ebenso alle Leichtathletik-Wettkämpfe und der Einzelfinal der Springreiter. Das Stadion bietet 70'000 Zuschauern Platz.
    Ebenso wie das Olympiastadion liegt auch der Palau Sant Jordi auf dem olympischen Gelände von Montjuïc. Auch dieser Prachtsbau spielte im Rahmen der Sommerspiele 1992 eine wichtige Rolle. Ein Werk des japanischen Architekten Arata Isozaki, stellt dieser Sportpalast wegen den verwendeten Materialien und der Technik der Erstellung ein revolutionäres Bauwerk dar. Im Palau Sant Jordi fanden alle Turnwettbewerbe sowie die Endrunden im Handball und Volleyball statt, die von 17'000 Zuschauern besucht werden konnten. Das besondere Merkmal dieses Sportpalastes bildet sein Dach, welches mittels hydraulischen Kranen bis auf eine Höhe von 45 m angehoben werden kann.
    Die Schwimmanlage Bernat Picornell liegt ebenfalls auf Montjuïc. Der Komplex beinhaltet ein offenes Schwimmbecken (50 x 25 m) sowie ein Sprungbecken (25 x 21 m), das aber für die Spiele nicht benützt wurde, sondern der Platz für weitere Zuschauertribünen genutzt wurde. Ausserdem umfasst die Anlage noch ein gedecktes Schwimmbecken (50 x 25 m), das den Athleten für die Aufwärmtrainings zur Verfügung stand. Normalerweise bietet die Anlage 1'900 Zuschauern Platz; für die Dauer der Spiele wurde die Sitzanzahl jedoch auf 10'000 erhöht.
    Die Ringwettkämpfe fanden im Pavelló de l'INEFC statt. Dieses Gebäude wurde 1988 nach den Entwürfen des spanischen Architekten Ricardo Bofill erbaut. Es beherbergt die katalanische Sportuniversität: das nationale Institut für Leibeserziehung.
    Alle diese Sportstätten sind durch die Avinguda del Estadi und die beeindruckende Plaça d'Europa verbunden, die über einem Wasserreservoir von 60'000 Kubikmeter Inhalt liegt. Umgeben sind sie vom 54 Hektaren grossen, bewaldeten Parc del Migida, in dem der Geländelauf des Modernen Fünfkampfes stattfand.
    Neben dem olympischen Komplex sind am Montjuïc des Weiteren zu finden: der Palau Municipal d'Esports (Rhythmische Sportgymnastik und Volleyball-Vorrunden), der Palau de la Metal·Iurgia (Fechten) sowie der Pavelló Espanya Industrial (Kunstspringen und Wasserball; liegt eigentlich im Quartier Sants, wird aber dem Montjuïc zugeordnet).
  • La Diagonal: Dieses Gebiet beinhaltet diverse private Sportstätten und ein grosses Universitätsgelände. Olympisch genutzt wurde hier insbesondere das Camp Nou, das Stadion des Fussball-Clubs Barcelona. Dieses Bauwerk verfügt über ein Fassungsvermögen von 120'000 Zuschauern. Ein Teil der Fussballspiele der Olympischen Spiele und auch der Fussball-WM 1982 fanden hier statt, ebenso beide Finals.
    Ein anderer Bestandteil dieses Komplexes ist der Palau Blaugrana-1. Wo normalerweise die Basketballspieler des FC Barcelona ihre Begegnungen austragen, fanden während der Olympischen Spiele die Judo- und Taekwondo-Kämpfe und der Rollhockey-Final vor 6'400 Zuschauern statt.
    Im zweiten grossen Stadion im Gebiet La Diagonal, dem Miniestadi, fanden der grösste Teil der Reitwettkämpfe und im Pavelló de l'Hospitalet Nord die Spiele im Frauenhandball statt.
  • La Vall d'Hebron: Bereits im Jahr seiner Einweihung 1984 gelangten im Velódrom Municipal d'Horta die Rad-Weltmeisterschaften zur Austragung. Hier fanden alle Bahnwettbewerbe statt, bis auf die Strassenrennen natürlich, für die eine geeignete Strecke auf der Autobahn gesperrt wurde.
    In weiteren Stadien in diesem Quartier fand Bogenschiessen, Volleyball, der Demonstrationssportart Pelota und Tennis, wo Marc Rosset seinen Olympiasieg feiern konnte, statt.
  • Parc de Mar: Wie bereits erwähnt ist hier das olympische Dorf angesiedelt, das sich erstmals in der olympischen Geschichte direkt am Meer befindet. Das Dorfgelände umfasst 65 Hektaren, und die Sportler waren in Wohnungen von sechsstöckigen Gebäuden untergebracht. Mit dem Bau dieser neuen Zone ist ein für Barcelona wichtiges Quartier - Poblenou - wiederhergestellt worden. In Poblenou begann nämlich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Industrialisation Katalaniens und Spaniens. Die grosse Zahl von Hallen und Fabriken in diesem Gebiet verunmöglichte während Jahrzehnten den Einwohnern dieses Stadtteils von Barcelona den Zugang zum Meer. Nun konnten neue Wohnquartiere erstellt werden.
    Gleich neben dem Olympischen Dorf liegt der Hafen La Nova Icària, wo die Segelwettkämpfe ausgetragen wurden.
    Ebenfalls auf dem Gelände von Parc de Mar trugen die Tischtennisspieler (im Estació del Nord) und die Badmintonspieler (im Pavelló de Villa Olimpica) ihre Partien aus.
  • Wettkampfanlagen ausserhalb Barcelonas: Entweder teilweise oder ganz wurden einige Sportarten ausserhalb von Barcelona ausgetragen. Dies deshalb, weil einige andere Orte über eine grosse sportliche Tradition verfügen, weshalb es undenkbar war, "ihren" Sport einer anderen Stadt zuzuteilen.
    So fanden in Badalona Basketball und Boxen, in Reus, Sant Sadurni d'Anoia und Vic Rollhockey, in Terrassa Landhockey, in Sabadell, Zaragoza und Valencia Fussball, auf dem Banyoles-See die Ruderwettkämpfe, in L'Hospitalet de Llobregat und Viladecans Baseball, in L'Hopsitalet und Granollers Handball, in La Seu d'Urgell Wildwasser-Kanu, in Castelldefels Regatta-Kanuwettbewerbe, in "El Montanyà" die Geländeprüfung der Military-Reiter und in Mollet del Vallès die Schiesswettkämpfe statt.

Sportliche Meldungen zu Barcelona 1992

Leichtathletik: Der aus Jamaika stammende Brite Linford Christie wurde 100m-Olympiasieger gegen drei Regeln: Er war mit 32 Jahren zu alt, als Familienvater von drei Kindern sozial beschwert und nicht Europäer. Aber die Amerikaner, ohne Carl Lewis, waren keine Konkurrenz für Christie. In einer reinen Afrikanergruppe startete der Deutsche Dieter Baumann zu seinem 5000-m-Siegeslauf. Ein dritter verstiess auch noch gegen eine Regel, nämlich sich als krasser Aussenseiter gegen sämtliche Favoriten durchzusetzen. Dies gelang dem selbst den Einheimischen nicht besonders bekannten Spanier Fermin Cacho. Des Weiteren gewann Carl Lewis seine siebte und achte olympische Goldmedaille im Weitsprung und in der 4 x 100-m-US-Staffel sowie seine erste Silbermedaille im 200-m-Lauf.

Turnen: Der Weissrusse Vitali Sheherbo wurde Neunter am Reck und Sechster am Boden. Dies scheint nicht eine besonders erfolgreiche Bilanz zu sein, allerdings gewann der 21-jährige alle anderen Wettbewerbe, also Zwölfkampf Einzel, Zwölfkampf Mannschaft, Seitpferd, Ringe, Pferdsprung und Barren.

Schwimmen: Im Schatten des Sonnenkindes Franziska van Almsick ging die Deutsche Dagmar Hase fast unter, obwohl sie eine der erfolgreichsten Schwimmerinnen ihrer Zeit war. Überraschend gewann Hase gegen die amerikanische Titelverteidigerin Janet Evans die Goldmedaille über 400 m Freistil. Zusätzlich zu ihrem grossen Triumph konnte Dagmar Hase noch 2 Silbermedaillen mitnehmen. Van Almsick, die einen grossen Presserummel auslöste, konnte sich nie zuoberst auf dem Treppchen ablichten lassen, sondern kehrte mit 2 Silber- und 2 Bronzemedaillen nach Hause zurück.

Tennis: Die erste sommerolympische Goldmedaille für die Schweiz seit 12 Jahren (also 1980 in Moskau) durfte Marc Rosset in Empfang nehmen. Das Turnier entwi-ckelte sich zu einem regelrechten Aussenseiterwettkampf: So hiess der Finalgegner Rossets Jordi Arrese, ein Spanier. Es war übrigens die einzige Medaille für die Schweiz in Barcelona...

Wichtigste Ergebnisse aus Barcelona

Leichtathletik

100 m Männer

G Linford Christie GBR 9.96
S Frankie Fredericks NAM 10.02
B Dennis Mitchell USA 10.04

110 m Hürden Männer

G Mark McKoy CAN 13.12
S Tony Dees FRA 13.24
B Jack Pierce USA 13.26

4 x 100-m-Staffel Männer

G USA (Marsh, Burrell, Mitchell, Lewis) 37.40
S NGR 37.98
B CUB 38.00

Hochsprung Männer

G Javier Sotomayor 2.34

Weitsprung Männer

G Carl Lewis USA 8.67
S Mike Powell USA 8.64
B Joe Greene USA 8.34

100 m Frauen

G Gail Devers USA 10.82
S Juliet Cuthbert JAM 10.83
B Irina Privalova GUS 10.84

200 m Frauen

G Gwen Torrence USA 21.81
S Juliet Cuthbert JAM 22.02
B Merlene Ottey JAM 22.09

Hochsprung Frauen

G Heike Henkel GER 2.02

Weitsprung Frauen

G Heike Drechsler GER 7.14

Schwimmen

50 m Freistil Männer

G Alexander Popov EUN 21.91

100 m Freistil Männer

G Alexander Popov EUN 49.02

200 m Freistil Frauen

G Nicole Haislett USA 1:57.90
S Franziska van Almsick GER 1:58.00
B Kerstin Kielgass GER 1:59.67

400 m Freistil Frauen

G Dagmar Hase GER 4:07.18
S Janet Evans USA 4:07.37
B Hayley Lewis AUS 4:11.22

Tennis

Herren-Einzel

G Marc Rosset SUI
S Jordi Arrese ESP
B Goran Ivanisevic CRO

Damen-Einzel

G Jennifer Capriati USA
S Steffi Graf GER
B Mary Joe Fernandez USA

Fussball Männer

G ESP
S POL
B GHA

Basketball Männer

G USA "Dream Team"
S CRO
B LTU


Quellen:

  • Barcelona '92 - Schweizer Olympiaführer, Hugo Steinegger, 1992
  • Bertelsmann Universallexikon auf CD-ROM 1993
  • Das grosse Data Becker Lexikon auf CD-ROM 1995
  • Karl Adolf Scherer: 100 Jahre Olympische Spiele, Harenberg 1995