Mit zwei Schlitten im Kanal

14.05.2003

Der Thurgau hat seinen ersten Bob-Club. Weiss man um das Engagement der sia Abrasives in dieser Sportart, so erstaunt es nicht, dass Frauenfeld Vereinssitz ist. Ab jetzt heisst es trainieren! Und noch hat es freie Plätze.

Stephan Ritzer und Thomas Handschin, Bobclub Frauenfeld

Die beiden als Occasion erstandenen Zweierschlitten des Bob-Clubs Frauenfeld sollen schon nächste Saison aufs Eis kommen. Dafür wollen Thomas Handschin (vorne) und Stephan Ritzler von der Technischen Kommission sorgen.

Martin Wiesmann

Der im vergangenen Herbst gegründete Bob-Club Frauenfeld ist zwar eigenständig, aber die Verbindungen zum Unternehmen sia Abrasives (Hauptsponsor des Schweizerischen Bobsleigh-, Schlittel- und Skeleton-Sportverbandes SBSV) sind offensichtlich: Es tauchen Personen wie Lisa Lüthi (Präsidentin) und Robert Fürer auf, und für Stephan Ritzler, Präsident der Technischen Kommission des Clubs, ist klar: «Unsere ersten zwei Rennbobs werden die Farben der sia Abrasives tragen.»

Die Schlitten, einstige Rennbobs von Marcel Rohner und Reto Götschi, stehen als «Rohlinge» bereits in einer Frauenfelder Werkstatt. Einige Arbeit wird hier nötig sein, um Anpassungen an die künftigen «Besatzungen» vorzunehmen. Im einen Bob dürften voraussichtlich zwei Frauen sitzen! So wie bei den Junioren Domenic Fäh hat nämlich Sabina Hafner bereits erste Bob-Erfahrungen gesammelt und soll im Frauenschlitten Steuermann werden. Rund die Hälfte eines knappen Dutzends Frauenfelder Junioren (das ist man im Bobsport ab dem Mindestalter von 18 Jahren) besuchten schon Bobschulen.

«Halbe Sachen» wollen die Frauenfelder Clubverantwortlichen sowieso nicht auf die Kufen stellen. «An der Winterolympiade 2010 soll einer unserer Bobs mitfahren», nennt Ritzler das Fernziel, ohne mit der Wimper zu zucken, auch wenn er zugibt, dass das «mutig formuliert» ist.

Was gedeihen soll, beginnt auch im Spitzensport mit der Nachwuchsförderung. Und so sah sich das einstige Gründerdutzend an plauschigen Bob-Männern, «alle im besten Alter», wie sich Ritzler viel sagend äussert, rasch in der Situation, für den BC Frauenfeld ein Nachwuchskonzept mit Händen und Füssen zusammenzustellen. Der neunköpfige Vereinsvorstand - alles Damen - und die aktiven Herren fanden in der Person von Thomas Handschin, sechs Jahre lang Anstösser und Bremser (unter anderem im Viererteam «Reich» 1998 in Nagano), den richtigen Mann. Der bald 30-jährige Fachingenieur im Gebiet der Informationstechnik weiss, auf was es ankommt: «Der Erfolg im Eiskanal liegt zu je etwa einem Drittel in der Startphase, beim optimalen Steuern durch den Piloten und beim Material», erklärt er.

Für fast alles das liegt der Schlüssel im Sommertraining und den Vorbereitungsarbeiten in der «eisfreien» Zeit. Und die ist im Bobsport zwischen acht und zehn Monate lang! So muss man sich anderes einfallen lassen, um auf Touren zu kommen: Nebst ganz normalem, aber individuell angepasstem Athletiktraining, dem Feilen an der Anschiebetechnik und dem Bahnstudium anhand von Videobändern durch die Piloten gehört auch das Mentale dazu.

Der Bob-Club Frauenfeld scheint generell auf der Sonnenseite zu stehen: Nicht nur gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Leichtathletikclub Frauenfeld, der ebenfalls von sia Abrasives unterstützt wird und dort sogar eine unterirdische Sprinteranlage besitzt. Es gibt den konkreten Plan, praktisch parallel dazu eine Anschiebe-Trainingsbahn zu erstellen. «Heute befindet sich die nächste solche Bob-Trainingsbahn in der Region Winterthur im Freien. Sie ist nicht in allen Teilen optimal», sagt Handschin. Auch hier will man zusammen mit sia Abrasives neue Massstäbe setzen und in der Kantonshauptstadt optimale Voraussetzungen schaffen. Wer jetzt Lust hat, sich vom Bob-Fieber in Frauenfeld anstecken zu lassen, sollte sich zwei Daten in der Agenda reservieren: Da ist einmal der Dienstag, 27. Mai, an dem sich Interessierte hauptsächlich zum Sommertraining beraten lassen können. «Gute Voraussetzungen für Bobsportler sind nebst dem Mindestalter eine gewisse Grundschnelligkeit und kein zu geringes Gewicht», erläutert Handschin. Am 3. Juli ist dann ein Informationsabend geplant, bei dem es schon um die nächste Bobschule geht: Denn im Winter will der BC Frauenfeld mit Marcel Rohner, ebenfalls begnadeter Bobpilot, wieder eine Woche nach Igels fahren. «Für die einen wird es ein Wiederholungskurs sein, für andere eine erste Grundschulung im Kanal», sagt Bob-Senior Ritzler, der - wie andere - wohl auch nicht fehlen wird. Die Senioren jedenfalls planen die Anschaffung eines dritten Bobs, denn bei aller Ernsthaftigkeit bei der Nachwuchsförderung soll bei ihnen der Spass nicht zu kurz kommen.

Auskünfte zum Bob-Club Frauenfeld gibt Lisa Lüthi, Tel. Geschäft 052 724 45 19, Mail: lisa.luethi@sia-abrasives.com


Aus dem Ostschweizer Anzeiger vom 14.05.2003
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