Erster Amriswiler an olympischen Spielen

02.02.1998

Thomas Handschin fuhr mit Medaillenhoffnungen nach Nagano

Wenn Thomas Handschin mit dem Viererbob von Christian Reich die internen Ausscheidungen übersteht, wird zum ersten Mal ein Amriswiler an einer Olympiade starten. Der 25jährige Zehnkämpfer holte in Oberaach den letzten Schliff.

rudolf käser

Wenn man ihn einen Tag vor dem Abflug nach Tokio die Gewichte stemmen und heben sah, so merkte man ihm die Anstrengung kaum an. Doch sein Trainer Werner Dietrich hatte ihm während des letzten Trainings vor der Abreise in das Land der aufgehenden Sonne nochmals eine gehörige Portion an Gewichten aufgelegt: 200 Kilogramm waren es am Schluss. «Das sind sehr gute Werte», stellte Dietrich bei seinem Schützling zufrieden fest. «Ich fühle mich kräftemässig und bezüglich Schnelligkeit noch besser in Form als vor einem Jahr», doppelte Handschin nach. Er bereitet sich, wie er sagte, mit viel Motivation auf Nagano vor. Noch ist ein Start in der Viererbob-Konkurrenz nicht gesichert. Voraussichtlich muss er in Japan gegen das Team von Reto Götschi Ausscheidungen fahren. «Da bin ich zuversichtlich, denn in der vergangenen und in dieser Saison haben wir Götschi immer geschlagen.» Die Schweizer Viererbobfahrer flogen am Samstag nach Japan, um noch eine offene Rechnung sportlich zu begleichen. Denn auch der Schlitten von Pilot Christian Reich mit Steve Anderhub, Thomas Handschin und Bremser Cedric Grand wurde im vergangenen Winter an den Weltmeisterschaften aus heute noch schwer verständlichen Gründen erst gefeiert, dann disqualifiziert. Handschin sass damals im vermeintlichen Silberbob. «Sicher denke ich noch manchmal an jene Enttäuschung zurück, doch eigentlich habe ich die Sache überwunden», versichert der 25jährige gelernte Kaufmann. Der 180 Zentimeter grosse Amriswiler übte sich in den letzten Wochen nochmals in Kraft und Schnelligkeit. Das nötige Training nahm Handschin gerne und mit dem Ehrgeiz, den es für den Gewinn einer Medaille braucht, in Kauf. Denn mit einer Medaille möchte er zurück nach Amriswil kommen, um dann vielleicht im Dorf einen Empfang zu erleben. «Es wäre schon ein wunderbares Gefühl, als Flachländer in Nagano zu starten und zudem Erfolg zu haben. Früher als Bub habe ich oft Olympische Spiele im Fernsehen betrachtet und davon geträumt, da auch einmal starten zu können.» Wie weit sein Traum in Erfüllung geht, entscheidet sich in der übernächsten Woche, wenn die Ausscheidungsrennen in Nagano beginnen. Wenn alles gut läuft und der Schlitten, in dem sich Thomas Handschin befindet, sich für die Viererbob-Konkurrenz qualifiziert, wird der Amriswiler zusammen mit seiner Crew am 20. und 21. Februar seinen grossen Auftritt haben. Dann kann in Amriswil zum ersten Mal darauf gehofft werden, dass ein Einheimischer eine Olympiamedaille holt.


Aus dem Tagblatt vom 02.02.1998
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